Was ist Yin Yoga – Hintergrund, Wirkung, Ausführung

Was ist Yin Yoga – Hintergrund, Wirkung, Ausführung

Von wegen nur Herumliegen: Yin Yoga wirkt tief. Was ist Yin Yoga aber genau? Yin Yoga ist ein „moderner“ Stil, bei dem Passivität,und Faszienarbeit im Vordergrund stehen.  Yin Yoga ist für viele zugänglich und unterstützt bei vielen Beschwerden: von Verspannungen über Schlaflosigkeit bis hin zu Verdauungsproblemen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Yin Yoga?

Yin Yoga ist ein meditativer und passiver Yogastil. Das Ziel: Das „Chi“, die Lebensenergie, zu harmonisieren und zum Fliessen zu bringen. 

Beim Yin Yoga bleibst du in der Regel drei bis fünf Minuten in der Stellung. Geübte bleiben sogar bis zu zwanzig Minuten! Beim Yin Yoga geht es ums Loslassen: Lass dich in die Stellungen hinein sinken, nachziehen oder drücken sind tabu.

Yin Yoga ist ein Kontrast zu den meisten anderen Yogastilen, die in der Mehrheit aktiv und „Yang“-lastig sind. Beim Yin Yoga steht ausserdem die Individualität im Vordergrund: Es gibt nicht das eine perfekte „Alignment“, also die eine perfekte Ausrichtung, wie sie in anderen Yogastilen oft gelehrt und korrigiert wird. Im Yin Yoga wird bewusst mit der Besonderheit jedes einzelnen Körpers gearbeitet. 

Von „Yin“ und „Yang“

Yin Yoga stützt sich auf ein Prinzip, das in der chinesischen Philosophie und der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) zu finden ist. Demzufolge hat alles Yin- und Yang-Elemente; das Ziel ist das Ausbalancieren beider Pole. Ein paar Beispiele für Yin und Yang: 

  • Tag = Yang, Nacht = Yin
  • Männlich = Yang, Weiblich = Yin
  • Feuer = Yang, Wasser = Yin
  • Aktiv = Yang, Passiv = Yin

Doch unsere moderne westliche Welt ist stark Yang-orientiert und vielfach dreht sich vieles um diese Schlagworte: Effizienz, Leistung, Machen, Optimieren, Mehr.

Das Yin-Yang-Symbol ist ein Kreis, das aus zwei Hälfte besteht: Einer weissen und einer schwarzen, in der weissen ist ein kleiner schwarzer Punkt und in der schwarzen Hälfte ist ein kleiner weisser Punkt.
Chinesischer Philosophie zufolge ergänzen sich Yin und Yang. Yin und Yang sind nie absolut. Yin hat immer auch ein bisschen Yang, Yang immer auch ein bisschen Yin. Die Punkte in der gegenüberliegenden Hälfte symbolisieren das.

Aufs Yoga bezogen lassen sich Yoga-Stile vereinfacht gesprochen in zwei Kategorien einteilen: Yin und Yang. Während es in den Yin-Stilen ruhig, weich und introspektiv zugeht, fliesst beim Yang gut und gerne auch einmal der Schweiss. Yang-Stile sind aktive Stile, mit denen du Muskeln stärken und Kraft aufbauen kannst, während bei den Yin-Stilen der Fokus auf dem Dehnen, der Passivität und dem zur-Ruhe-Kommen liegt. Wenn du dich also auspowern willst, bist du beim Yin Yoga definitiv falsch.

Beispiele (Liste nicht abschliessend!):

  • Yin: Yin Yoga, Restorative Yoga, „Slow Flow“
  • Yang: Hatha Yoga, Vinyasa Yoga, Ashtanga Yoga

Yin Yoga und Restorative Yoga: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Häufig werden Yin Yoga und Restorative Yoga in einen Topf geworfen. Das ist jedoch falsch. Gemein ist ihnen zwar der Fokus auf Passivität und das lange Verweilen. Doch es gibt einen wesentlichen Unterschied: Im Yin Yoga wird bewusst mit Spannung, der angenehmen Dehnung, gearbeitet. Das kann mitunter anstrengend sein – körperlich, mental und emotional. Im Restorative Yoga hingegen liegt der Fokus voll und ganz auf dem angenehmen Verweilen in einer Stellung. Dafür werden mit den verschiedenen Hilfsmitteln wie Blöcken oder Bolstern manchmal regelrechte Türme gebaut. Je nach Krankheit oder Problemen kann sogar Yin Yoga zu intensiv sein – dann könnte Restorative Yoga eine Alternative sein.

So übst du Yin Yoga  – oder: die grössten Besonderheiten und Unterschiede zu Yang-Yoga-Stilen:

Kaltstart

Im Yin Yoga gibt es kein Aufwärmen. Tönt komisch? Ist es aber nicht: Durch den Kaltstart können die Übungen auf die tiefen Schichten wie die Faszien wirken. Mit einem Aufwärmen sind eher Muskeln, Bänder und Sehen angesprochen. Fragst du dich nun, ob der Kaltstart nicht die Verletzungsgefahr erhöht? Die Antwort folgt direkt im nächsten Punkt.

Zulassen statt machen

Yin Yoga ist ein passiver Stil. Das heisst: Wir machen nicht Yoga, sondern wir lassen es geschehen. Wir bringen den Körper nicht in eine Stellung, sondern wir lassen sich den Körper langsam einfinden. Ein „Nachziehen“ gibt es im Yin Yoga nicht. Da wir keine Muskelkraft einsetzen und den Körper machen lassen, geht der Körper nicht über seine Grenzen hinaus. Als Faustregel gilt: Gehe nie mit 100% in die Stellung, sondern orientiere dich an ca. 70% deiner Möglichkeiten. Du wirst über die Dauer der Stellung ohnehin tiefer sinken.

Runder Rücken

Mit dem „Zulassen“ und der Passivität ist ein weiterer Punkt verbunden: Im Yin Yoga gibt es in diesem Sinne keine „Alignments“, also spezielle Regeln, nach denen der Körper auszurichten ist. Jeder Körper nimmt in seiner Einzigartigkeit die Variante ein, die für ihn gut tut. 

Deshalb ist im Yin Yoga auch der runde Rücken Bestandteil der Praxis. Die Idee dahinter ist folgende: Durch die Rundung ist eine tiefere Dehnung möglich. In Yang-lastigen Yogaklassen ist der gerade Rücken wichtig, um die Kraft stärker zu aktivieren und um Verletzungen vorzubeugen. 

Langes Halten

Im Gegensatz zu „Flow-Stilen“ verweilt man im Yin Yoga recht lange in den Positionen, in der Regel zwischen drei und fünf Minuten. Fortgeschrittene bleiben noch länger. Das gibt dem Körper die Möglichkeit, sich langsam in die Stellung einzufinden. Auch ist nach ca. 1,5 Minuten eine tiefere Dehnung möglich. 

Hilfsmittel, v.a. Bolster

Im den Körper möglichst gut einzurichten, setzt der Yin Yoga auf Hilfsmittel wie Decken, Bolster und Blöcke. Gerade Bolster sind eine wertvolle Unterstützung, um den Körper bestmöglich in den Yin-Stellungen einzurichten.

Auf der Suche nach einem Bolster? Im Blogpost „In 5 Schritten zum passenden Yoga-Bolster“ findest du Tipps zum Kauf.

andere Namen

Im Yin Yoga haben die Asanas andere Namen als in den anderen Stilen. Die Idee dahinter ist, dass es zu keinen Verwechslungen kommt und klar ist, dass die Übung nach Yin-Prinzipien auszuführen ist.

Orientierung nach TCM (Traditioneller Chinesischer Medizin)

Yoga hilft dabei, die Lebenskraft zum Fliessen zu bringen und auszubalancieren. In anderen Yogastilen ist die Rede von „Prana“, im Yin Yoga vom „Chi“. Gemeint ist das Gleiche – die Lebenskraft. Yin Yoga orientiert sich dabei an den Prinzipien der TCM mit den Meridianen, die das Chi verteilen. Je nach Übung werden unterschiedliche Meridiane angesprochen, der Effekt von Yin Yoga ist ähnlich der Akupunktur. Yin Yoga sticht mit der Orientierung an der TCM etwas heraus. Die anderen Yogastile orientieren sich an der indischen Lehre der Nadis und Chakras. Ein Grund für diese Besonderheit ist, dass einer der Entwickler dieses Stils, Paul Grilley sich intensiv mit TCM befasst und Zusammenhänge zwischen den Asanas und der Meridianlehre entdeckt hat.

Eine Frau übt "Anahatasana": Vierfussstand, Becken über Knie, Ellebogen liegen auf einem Bolster, Hände zeigen nach oben. Kopf locker zwischen den Armen.
Hilfsmittel wie Blöcke werden im Yin Yoga häufig genutzt.

Passiv heisst nicht einfach: Herausforderungen im Yin Yoga

Wenn du jetzt denkst, dass jede Yin Yoga Einheit ein Spaziergang ist, muss ich dich enttäuschen. Das lange Halten ist eine Herausforderung: körperlich, mental und emotional. Zwar kommst du nicht aus der Puste, weil du so viel Kraft brauchst. Aber auf die Dauer wirst du schnell merken, wo die Grenzen deines Körpers sind – und das kann anstrengen. Das lange Halten und die Stille lösen manchmal Langeweile aus – ein Gefühl, das wir heute fast nicht mehr kennen. Zu schnell greifen wir nach einem Smartphone, um uns abzulenken. Im Yin Yoga wirst du merken, wenn dein Geist unruhig ist und – mitunter unangenehme – Gedanken auftauchen. Diese „auszuhalten“ ist nicht immer einfach. Last but not least ist es gut möglich, dass du im Yin Yoga Emotionen sehr intensiv spürst. Denn viele Emotionen setzen sich in Form von Verspannungen im Körper fest. Lösen wir diese mit Yin Yoga, setzt das auch Emotionen frei. Und doch lohnt sich eine regelmässige Yin Yoga Praxis sehr. 

Yin Yoga lohnt sich – so wirkt Yin Yoga

Obwohl Yin Yoga von aussen gemütlich und „einfach“ aussieht, wirkt Yin Yoga sehr tief – körperlich, mental, energetisch. 

  • Auf körperlicher Ebene spricht Yin Yoga die Faszien an. Das passive Halten ermöglicht eine intensive Dehnung. So können Verspannungen und Blockaden in den Faszien gelöst, Schmerzen gelindert und die Beweglichkeit verbessert werden.
  • Auf mentaler Ebene unterstützt Yin Yoga dabei, den Geist zur Ruhe zu bringen. Durch das lange Verweilen in den Stellungen kannst du körperliche, emotionale und mentale Empfindungen beobachten und so sehr meditativ und achtsam praktizieren. Yin Yoga bietet dir eine Pause vom Alltag, eine Möglichkeit, in dich zu hören und ganz bei dir anzukommen. Emotionale Blockaden und „Altlasten“ kannst du auflösen.
  • Energetisch gleich Yin Yoga den Energiefluss aus. Ausserdem können mit bestimmten Übungen einzelne Meridiane, also Energieleitbahnen gemäss TCM (Traditioneller Chinesischer Medizin) gezielt angesprochen und Beschwerden gelindert werden. Wenn du gute Erfahrungen mit Akupunktur gemacht hast, sind die Chancen gross, dass dir auch Yin Yoga zu Wohlbefinden hilft.

Du willst Yin Yoga machen? Auf der Seite „Yin Yoga“ findest du meine aktuellen Kurse. Du kannst ausserdem jederzeit ein Yoga Coaching bei mir buchen. In einer Privatstunde stellen wir die für dich passende Sequenz zusammen und/oder erarbeiten gezielt Varianten von einzelnen Stellungen. Mehr Informationen findest du auf der Seite „Yoga Coaching“.

Für wen eignet sich Yin Yoga?

Yin Yoga eignet sich grundsätzlich für alle, egal ob Anfänger:in oder Profi, egal welches Alter. Auch in der Schwangerschaft und in der Rückbildung kannst du problemlos Yin Yoga üben, musst manche Stellungen jedoch etwas anpassen. Du brauchst für Yin Yoga keinerlei Vorkenntnisse. Ich empfehle dir in jedem Fall, bei einer kompetenten Lehrperson einen Yin Yoga Kurs zu besuchen – egal ob online oder im Studio. Achte darauf, dass die Kursleitung eine fundierte Ausbildung im Yin Yoga hat. 

Kurze Geschichte von Yin Yoga

Wer sich mit der Geschichte vom Yin Yoga befasst, kommt um vier Namen nicht herum: 

  • Paul Grilley
  • Paulie Zink
  • Dr. Motoyama 
  • Sarah Powers

Paul Grilley befasste sich ab 1979 mit Yoga. Zunächst praktizierte er Yang Yoga und studierte Anatomie, bis er über das Fernsehen auf Paulie Zink, einem Kampfsportler, stiess. Paulie Zinks Flexibilität beeindruckte Paul Grilley so sehr, dass er Schüler bei ihm wurde und ins „Dao Yoga“ eingeweiht wurde. Später studierte Paul Grilley mit Dr. Motoyama die Meridianlehre. Bald sah er die Zusammenhänge zwischen seiner Yoga-Praxis und der energetischen Wirkung über die Meridiane. Er kombinierte sein Wissen über Anatomie, Dao Yoga und Meridiane – so entstand das Yin Yoga, wie es heute bekannt ist. Der Name „Yin Yoga“ kommt übrigens von Sarah Powers, die eine Schülerin von Paul Grilley war.

Fazit: Alles Yin, oder was?

Ist Yin Yoga nun besser als andere Yoga-Stile? Nein, es ist einfach anders. Ich bin überzeugt, dass eine ausgewogene Yogapraxis sowohl Yin als auch Yang enthält. Der Körper benötigt sowohl Kraft als auch Flexibilität. Auf energetischer Ebene braucht es ebenfalls die Balance zwischen Aktivität und Ruhe. Die Mischung macht’s! 

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Katharina Balande

Schön, dass du hier bist! Ich unterstütze dich auf dem Blog und in meinen Kursen mit Yoga auf dem Weg zu neuer Kraft und Lebensfreude. Keine fancy Verrenkungen an hippen Stränden – bei mir erwartet dich fundiertes und seriöses Yoga.

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