Loslassen mit Yoga: was, warum und wie

Loslassen mit Yoga: was, warum und wie

Loslassen und Yoga scheinen unzertrennlich; in fast jeder Yogastunde fällt das Wort. Aber was genau ist damit gemeint? In diesem Beitrag erkläre ich dir, was ich unter „loslassen“ verstehe, weshalb es so wichtig, aber gleichzeitig so schwer ist und wie loslassen mit Yoga aussehen kann.

Inhaltsverzeichnis

Vielleicht kennst du eine der folgenden Situationen: 

  • Dich plagen Erinnerungen an etwas, aber du denkst immer wieder daran.
  • Du bist unglücklich in deinem Job, aber du kündigst nicht.
  • Dein Kopf ist ständig voll mit to Dos, aber du nimmst dir keine Pause.
  • Du grübelst permanent, aber du bleibst immer weiter in deinem „Film“. 
  • Du fühlst dich mies, wenn bestimmte Leute um dich herum sind, aber du siehst diese Menschen trotzdem wieder.

Nicht loslassen kann krank machen​

All diesen Beispielen ist gemein, dass sie deine Energie und Kraft verbrauchen und du trotzdem weitermachst. Das Problem dabei: Solche und ähnliche Situationen sorgen nicht nur für Unbehagen, sondern sie können mittel- bis langfristig mental und/oder körperlich krank machen. Mögliche Anzeichen dafür sind beispielsweise:

  • Kopfschmerzen
  • Verdauungsprobleme
  • Schlaflosigkeit
  • Schuldgefühle
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Depression

Und deshalb ist es so wichtig, rechtzeitig loszulassen.

Loslassen ist Veränderung - und deshalb ziemlich schwer​

Leichter gesagt, als getan! Denn nach meinem Verständnis bedeutet „loslassen“ immer auch eine Veränderung. Sei es, weil du dich von mentaler Last befreist und deine Haltung zu etwas änderst oder sei es, weil du äussere Umstände veränderst. Die Frage ist also: Warum ändern Menschen wenig? Warum fällt das Loslassen so schwer?

Einen Ansatzpunkt bieten der Volksmund und die Yoga Sutras von Patanjali, der ältesten systematischen Abhandlung über Yoga. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, besagt ein Sprichwort. Und warum? Ganz einfach: Weil Veränderungen Mut und Kraft brauchen. Oft verändern Menschen erst dann etwas, wenn es nicht mehr anders geht. Erst wenn sie im Burnout sind, wechseln sie – vielleicht – den Job. 

Loslassen mit Yoga in den Yoga Sutras​

Zum Thema „Loslassen mit Yoga“ ist in Patanjalis Yoga Sutras unter anderem die Rede von „vairagya“, zu Deutsch „Nicht-Anhaften.“ „Nicht-Anhaften“ wird häufig mit „Loslassen“ gleichgesetzt. Und in der Tat: Möchte ich an etwas haften, muss ich es festhalten. Und wenn ich nicht anhaften möchte, muss ich es loslassen. – oder gar nicht erst festhalten. In den Yoga Sutras heisst es: 

„Abhyasa vairagyubhyam tannirodhah.“ - Frei übersetzt: Mit Übung und Loslassen kriegt man den Kopf leer.

Was ist nun mit „abhyasa“, der Übung, und „vairagya“, dem „Nicht-Anhaften“ gemeint?

Abhyasa: regelmässige Übung​

„Abhyasa“ meint eine disziplinierte, regelmässige Übung. Einmal alle Schaltjahre die Yogamatte ausrollen reicht nicht. Und es gehört dazu weit mehr als nur die körperlichen Übungen, die im Westen häufig mit dem Begriff „Yoga“ gleichgesetzt werden. Vielmehr sind neben den körperlichen Übungen, die Asanas, die ethischen Prinzipien „Yamas“ und „Niyamas“, sowie „Pranayama“, die Atemübungen, Teil der Praxis.

Im Zusammenhang mit loslassen mit Yoga lohnt es sich, einen Blick auf das erste „Yama“ zu werfen. Das erste „Yama“ ist „ahimsa“, das „Nicht-Schaden“. Denke noch einmal an die Situationen zurück, die ich eingangs geschildert habe. Sie alle schaden der betroffenen Person. Eine gute Hilfestellung beim Loslassen mit Yoga ist es also, jede Situation auf „ahimsa“ zu untersuchen. Schaden sie? Ist die Antwort ja, musst du etwas ändern.

Vairagya: Nicht-Anhaften​

„Vairagya“, das „Nicht-Anhaften“ umfasst – vereinfacht gesprochen – den Rückzug der Sinne und verschiedenen Stufen der Meditation. Damit sind nicht hippe Podcasts mit blumigen Worten zum Wohlfühlen gemeint, sondern anspruchsvolle und auf Konzentration ausgelegte Techniken. Was „Pratyahara“, der Rückzug der Sinne, betrifft, so kann in unserer modernen Welt der erste Schritt sein, den Flugmodus einzuschalten. Und anstatt zu grübeln und die dritte Stunde mit Googlen zu diesem und jenem Problem zu verbringen, den Laptop zuzuklappen.

In einem stillen See spiegeln sich Berge und Wald.
Loslassen mit Yoga hilft dabei, die Gedanken zu klären. Im Idealfall wird der Geist ruhig wie ein stiller See.

4 Schritte zum Loslassen mit Yoga​

Die Yoga Sutras sind zwar schon um die 2000 Jahre alt, aber immer noch aktuell. Denn sie geben Hinweise zum Loslassen mit Yoga, die auch heute helfen. Nach meinem Verständnis sind vier Schritte zum Loslassen nötig – und bei allen unterstützt Yoga in all seinen Facetten.

1. Klarheit​

Bevor ich irgendetwas anpacken kann, muss ich meine Situation erst einmal wahrnehmen . Dann muss ich mir im Klaren darüber werden, dass, was und wie ich es anpacken möchte. Um diese Klarheit zu gewinnen, helfen die innere und äussere Ordnung. Während für die äussere Ordnung beispielsweise Entrümpeln und Aufräumen dienlich sind, unterstützt Yoga bei der inneren Ordnung. „Pratyahara“, der Rückzug der Sinne, bedeutet, sich von äusseren Einflüssen abzuschneiden.

2. Kraft​

Jede Veränderung braucht Kraft. Die einen mehr, die anderen weniger. Yoga hilft in all seinen Formen dabei, Kraft zum Loslassen zu gewinnen. Das kann physische Kraft, aber auch mentale Stärke sein.

3. Machen​

Entscheidend ist es, zu machen! Yoga wird dir den nötigen Mut und die Tatkraft verleihen.

4. Reflektieren​

Hast du einmal die Veränderung angestossen und mithilfe von verschiedenen Techniken aus dem Yoga losgelassen, ist es Zeit, diese zu reflektieren. Hier hilft dir insbesondere Pratyahara wieder. 

Katharina Balande demonstriert den liegenden Halbmond: auf dem Rücken liegen, Beine und Arme gestreckt, eine C-Form machen und so eine Seite dehnen.
Der liegende Halbmond ist eine von vielen Yin Yoga Übungen, die dich sehr gut beim Loslassen unterstützen.

Traumpaar: Loslassen und Yin Yoga​

Beim Loslassen mit Yoga, bietet sich Yin Yoga besonders gut an. Yin Yoga ist ein passiver Stil, der quasi ohne Muskelkraft ausgeführt wird. Die Idee: in die körperlichen Stellungen hinein zu schmelzen. 

Mehr zum Thema Yin Yoga im Blogpost „Yoga FAQ – Was ist Yin Yoga?“ 

Yin Yoga unterstützt dich aus mehreren Gründen bestens beim Loslassen:

  • Beim Yin Yoga lässt du dich langsam in die Stellung hinein sinken. Das gibt dir die Möglichkeit, ganz genau zu spüren, wo dein Körper, Geist und Seele gerade stehen. Stichwort: Klarheit.
  • Yin Yoga gibt Raum für viel Stille. Diese Stille ist eine Form von „Pratyahara“, dem Rückzug der Sinne und unterstützt dich dabei, Klarheit zu gewinnen, Kraft zu schöpfen und zu reflektieren.
  • Mit Yin Yoga kannst du gezielt Meridiane nach der TCM (Traditionellen Chinesischen Medizin) ansprechen. Manche Meridiane unterstützen besonders gut im Loslassen.

Yin Yoga Übungen zum Loslassen​

Grundsätzlich eignen sich alle Yin Yoga Stellungen, um Veränderungsprozesse zu unterstützen. Besonders gut eignen sich Yin Yoga Stellungen, die das Element Metall und damit die Meridiane von Lunge und Dickdarm ansprechen. Sie sind verbunden mit den Emotionen Trauer und Mut, die im Loslassen und bei Veränderungen eine besondere Rolle spielen. Ausserdem passen Yin Yoga Stellungen, die das Element Erde und damit die Meridiane von Milz und Magen ansprechen, besonders gut. Sie sind den Emotionen Sorge und Gleichmut zugeordnet – ebenfalls Emotionen, die beim Loslassen besonders präsent sind.

Hier ein paar Beispiele (Liste nicht abschliessend)

  • offene Flügel
  • verdrehte Arme
  • umarmende Flügel 
  • liegende Banane
  • liegender Halbmond
  • Regenbogenbrücke
  • Sattel
  • Sphinx
  • öffnende Herzstellung 

Mehr zum Thema Loslassen mit Yoga im Blogpost: „Yin Yoga Sequenz für den Herbst“

Picture of Katharina Balande

Katharina Balande

Schön, dass du hier bist! Ich unterstütze dich auf dem Blog und in meinen Kursen mit Yoga auf dem Weg zu neuer Kraft und Lebensfreude. Keine fancy Verrenkungen an hippen Stränden – bei mir erwartet dich fundiertes und seriöses Yoga.
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