Yoga, jetzt!

Yoga, jetzt!

Das erste Wort der Yoga Sutras ist „atha“, „jetzt“. Dieser Texteinstieg mag etwas forsch wirken, doch das Wort „jetzt“ ist eine Einladung, jederzeit Yoga zu praktizieren – sei es auf oder neben der Matte. Denn den „richtigen“ Zeitpunkt gibt es nie.

„atha yoga-anushasanam“ (YS, 1.1) – „Jetzt beginnt die Einführung ins Yoga.“

Arbeiten, einkaufen, ausruhen, kochen und dann vielleicht Yoga machen? Die Liste der Dinge, die uns vermeintlich davon abhalten, „jetzt“ Yoga zu praktizieren, kann lang sein. Die gute Nachricht: Wer Yoga machen möchte, muss sich weder in einer Höhle zurückzuziehen, noch stundenlang meditieren noch den ganzen Tag komplizierte Verrenkungen zu machen. Denn Yoga, so fährt Patanjali im zweiten Vers des Yoga Sutra fort, besteht darin, dass der Geist und die Gedanken zur Ruhe kommen. Und dafür gibt es viele Möglichkeiten.

Mach’s einfach.

Der Fokus auf das „jetzt“ bringt uns einen Schritt näher daran, im Moment zu leben. Das macht der Grossteil der Menschen eher selten, denn der aktive Geist und die Gedanken schweifen die meiste Zeit in die Vergangenheit oder die Zukunft. Mit Yoga, egal in welcher Form, können wir jederzeit ins Hier und Jetzt zurückkehren. Dabei ist Yoga kein theoretisches Konstrukt, sondern es geht um die Praxis. Wir müssen es tun, darüber nachzudenken oder zu lesen, reicht nicht. In Krishnamurtis Worten: „Der blosse Anblick einer Nahrung wird den Hungrigen nicht sättigen; er muss seine Hand ausstrecken und muss essen.“ (aus: „Zu Füssen des Meisters“). Das Gleiche gilt für Yoga. 

„Man muss nichts an sich ändern, um mit Yoga zu beginnen.“

Rachel Brathen

Wir haben jeden Augenblick die Gelegenheit, Yoga zu praktizieren. Sei es mithilfe von Atemübungen, sei es das Leben nach den ethischen Prinzipien des Yoga, sei bei Körperübungen auf der Matte. Wir können es auch gerade deshalb, weil es keine Bedingungen dafür gibt. Rachel Brathen, eine schwedische Yogalehrerin, bringt es auf den Punkt: “Man muss nichts an sich ändern, um mit Yoga zu beginnen.” Du musst also nicht erst flexibler oder fitter werden oder Sanskrit lernen. Der Moment, Yoga zu praktizieren, ist jetzt.

Gedankenanstösse:

  • Halte jeden Tag mehrmals kurz inne: Schliesse die Augen und atme dreimal tief ein und aus. Sei konsequent und stelle dir mehrmals pro Tag eine Erinnerung. Du kannst ausserdem festlegen, dass du bei bestimmten Ereignissen innehältst – beispielsweise, wenn dein Telefon klingelt, wenn du eine Nachricht oder E-Mail erhältst, zwei Minuten, bevor du das Haus verlässt oder jedes Mal, wenn dein Kind schreit.
  • Überlege dir, was dich vom Yoga abhält. Nimm dir fünf Minuten, in denen du ungestört bist und schreibe alles auf, was dich vom Yoga abhält. Denke nicht nur darüber nach, sondern schnapp dir einen Stift und schreibe es auf. Notiere dabei nicht nur organisatorische Punkte, sondern achte auch auf Glaubensmuster wie „Ich bin zu müde“ oder „Ich bin zu unruhig“. Picke dir nun einen bis maximal drei Punkte heraus und überlege, wie du diese lösen kannst. Sei kreativ und denke daran: Yoga hat viele Formen. Auch tief ein- und ausatmen ist eine Form von Yoga.
  • Reserviere dir jeden Tag 30 – 60 Minuten für eine Tätigkeit, die dich in den „Flow“ bringt und bei der du die Welt um dich herum vergisst. Ziehe dich vollkommen zurück, schliesse die Türe und schalte dein Telefon aus.
  • Beobachte für ein paar Momente den Gedankenfluss. Vielleicht hilft dir das Bild eines Pförtners: Stelle dir vor, deine Gedanken sind Autos. Als Pförtner nimmst du wahr, wie sie durch das Tor hinein- und herauskommen, aber du hängst ihnen nicht nach. Keine Spekulationen, woher sie kommen, was sie wollen, wie lange sie bleiben, keine Wertung, welche Farbe das Auto hat oder in welchem Zustand es ist. Einfach ein- und rauskommen.
  • Nutze den Vers „atha yoga-anushasanam“ als Mantra für deine Praxis und besinne dich jederzeit auf das Jetzt. Du kannst das Mantra zum Einstieg, Ende oder neuen Stellung rezitieren. Ob du das auf Sanskrit, Deutsch oder einer anderen Sprache machst, spielt dabei keine Rolle. 

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