Yogamatte auf dem Rücken, Schritt für Schritt nach Santiago de Compostela!

Yogamatte auf dem Rücken, Schritt für Schritt nach Santiago de Compostela!

Von Porto nach Santiago de Compostela: Im Herbst machte ich meine erste Fernwanderung. Die 250 Kilometer zu Fuss waren eine tolle Erfahrung und offenbarten viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Yoga- und dem Wanderweg.

Gelber Pfeil zeigt die Richtung auf dem Jakobsweg

Einfach loslaufen.

Beim Wandern hatte ich ein ähnliches Gefühl wie auf der Matte: Freiheit. Rucksack schnappen und loslaufen, so einfach ist das. Jeder Schritt brachte mich hin zu etwas Neuem und weg von etwas Altem. Ich denke, dass jeder Schritt nach vorne Vertrauen bedingt. Das gilt für vieles im Leben. Loslassen und nach vorne gehen. Sonst tritt man auf der Stelle und das Leben zieht an einem vorbei.

Das Leben ist einfach (und) schön.

Jeder Tag hatte den gleichen Ablauf: Yoga – Laufen – Yoga – Lesen – Essen – Schlafen. Ich fand  schnell in einen Flow und konnte in die Ruhe eintauchen. Ich habe selten so gut geschlafen wie während meiner Wanderung. Das Leben kann so einfach und gleichzeitig so schön sein!

Die Magie der Langsamkeit

Ich bin jeden Tag zwischen 17 und 32 Kilometern gelaufen, oder in Stunden ausgedrückt: Zwischen vier und sieben Stunden. Viel Zeit, um die Natur und alles, was in mir vorging, aufmerksam und in Ruhe zu beobachten. Ein faszinierendes Geschenk! Im Vergleich zu anderen Reisen habe ich „weniger“ und doch so sehr viel mehr gesehen. Insekten bahnen sich den Weg durch Blätter, ein Regentropfen perlt von einem Rosenblatt ab… Im Auto oder Zug entgehen mir die meisten dieser kleinen Wunder.

Der Jakobsweg im Wald
Auf dem Jakobsweg konnte ich durch das langsame Laufen die Natur sehr intensiv wahrnehmen.

Fülle kommt nicht von „viel“.

Es gibt diesen Spruch: „Collect moments, not things.“ Für mich hat er sich auch auf dem Camino bewahrheitet. All die Momente, die ich auf dem Weg so intensiv wahrnehmen konnte, waren nährend. Jedes Mal, wenn wir eine Etappe beendet haben, war ich sehr zufrieden und voller Ruhe. Kein Gefühl, noch etwas machen zu „müssen“ oder wollen. Sondern einfach ankommen und geniessen. Hinzu kommt: Alles materielle, was ich brauchte, hatte ich auf dem Rücken. Sechs Kilo, ein Rucksack – alles gut. Warum auch mehr Ballast mitschleppen?

Wille versetzt Berge.

Ich habe auf dem Jakobsweg Menschen getroffen, vor denen ich den Hut ziehe. Da war zum Beispiel das Dreiergespann aus Kanada: Paul, 73, seine Frau, 71 Jahre – und deren 64-jährige Schwester. Mein Mann und ich haben sie auf mehreren Etappen überholt und jedesmal dachte ich mir, dass ihnen jeder Schritt sehr viel schwerer fiel als uns. Doch es war bereits ihr dritter Camino, sie waren begeistert und mit ihrem eisernen Willen arbeiteten sie sich bis nach Santiago vor. 

Jeder geht seinen eigenen Weg.

Das Trio zeigte aber auch etwas anderes: Es gibt nicht den einen Weg. Sie haben beispielsweise kürzere Etappen gemacht und ihr Gepäck transportieren lassen. Egal ob Yoga, Pilgern oder anderes: Wichtig ist nicht, wie man den Weg geht, sondern dass man ihn geht. Das sage ich meinen Yogaschülern auch immer: Es gibt für alles und jeden eine Variante.

„Alles wird am Ende gut…

… und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende“, pflegte ein Kollege von mir zu sagen. Das hat sich auf dem Weg bewahrheitet. Sicher gab es zwischendurch kleine Tiefs, aber am Ende vom Tag hat sich immer alles gefügt – egal, ob es um die Verpflegung, das Übernachten oder etwas anderes ging. Das Zauberwort ist „Vertrauen“.

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